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27. August 2016
Drittmittel: Gekaufte Forschung an deutschen Universitäten?
Wer das Geld hat, hat die Macht. Es ist allgemein bekannt, dass staatliche Universitäten in Deutschland stets pleite sind und ihnen vor allem das notwendige Geld für die Forschung fehlt. Da sind Sponsoren ein Segen und werden gerne genommen. Über eine Finanzierung von 100 Millionen Euro für das Institut für Molekulare Biologie hat sie auch die Mainzer Universität gefreut und ist mit dem großen Pharmakonzern Boehringer Ingelheim einen Kooperationsvertrag eingegangen. Solche Verträge sind seit dem Sponsoring der Uni Bremen vom Pentagon nicht einmal stark verwunderlich. Doch für welchen Preis lassen sich Universitäten auf diesen Deal ein?
Was macht Drittmittel so problematisch?
Wer Geld annimmt und einen für die Öffentlichkeit geheimen Vertrag unterschreibt, der gibt seine Macht ab. Drittmittelgeber können Veröffentlichungen und Forschungsergebnisse direkt beeinflussen, wenn sie das vertraglich vorschreiben. Auch können sie indirekt wirken, da finanzielle Abhängigkeit die Forschung selbst verändern kann. Zusätzlich kann der Geldgeber verlangen, in seinem Interesse zu forschen, wodurch er gleichzeitig bestimmt und festlegt, welchen Wichtigkeitsgrad welche Forschung hat.
Freie Forschung sieht anders aus. Und doch lässt sich stark vermuten, dass kaum eine deutsche staatliche Universität frei ist.
Großkonzerne kaufen sich ein
Die Boehringer Ingelheim Stiftung finanziert ein Institut für Molekulare Biologie an Mainzer Uni mit 100 Millionen Euro und hat hierzu einen Vertrag mit der Uni abgeschlossen, der lange geheim bleiben sollte. Erst durch eine Klage des SWR-Chefreporters Thomas Leif, kam der Vertrag ans Licht. Leif berief sich auf das damals geltende Informationsfreiheitsgesetz (heute: Landestransparenzgesetz), gab als Grund die Blockade seiner Recherche an und gewann kürzlich den Prozess.
Seitdem ist veröffentlich worden, dass sich die Uni Mainz mit dem Vertrag der Boehringer Ingelheim (BI) Stiftung unter anderem dazu verpflichtet hat, nur dann von ihrem Weisungsrecht Gebrauch zu machen, wenn es die Stiftung erlaubt. Des Weiteren bedürften Presseerklärungen, Veröffentlichungen oder Mitteilungen der vorherigen Ab- und Zustimmung – unter anderem mit der BI-Stiftung. Ohne den Reporter wäre dieser Vertrag niemals ans Licht gekommen und damit niemals in den Mittelpunkt der Kritik gerückt worden.
Welche Studierenden wissen schließlich, welche Professoren ihrer Universität, zum Beispiel, von Pharmaunternehmen bezahlt werden? In den letzten Jahren waren es nachweislich 33 Stellen – finanziert unter anderem von Fresenius, Bayer HealthCare und der Boehringer Ingelheim Stiftung.
Auch von internationaler Seite wurden und werden öffentliche Hochschulen in Deutschland gekauft, bzw. – selbstverständlich – uneigennützig ‚unterstützt‘. So bezahlte beispielsweise das amerikanische Verteidigungsministerium zwei Doktorandenstellen der Bremer Universität. Insgesamt erhielten jedoch mindestens 23 öffentliche Forschungseinrichtungen Gelder vom Pentagon.
Zum Teil haben staatliche Universitäten, wie die Universität in Dresden, über tausend Verträge mit Konzernen. Diese sind allerdings ebenfalls geheim. Lediglich drei von 84 staatlichen Hochschulen verbergen ihre Verträge nicht.
Geheime Verträge
Warum sind diese Verträge nicht öffentlich einsehbar, wenn nichts ‚Falsches‘ an ihnen dran ist? Warum wehren sich Konzerne und Stiftungen so vehement, Verträge zu veröffentlichen, wenn sie mit ihren Kooperationen das Allgemeinwohl im Sinn und keine eigenen Interessen, verfolgen? Wenn die Inhalte von Lehr- und Forschungseinrichtungen weiterhin äußeren Einflüssen von Rüstungs- und Pharmakonzernen sowie der Atomlobby ausgesetzt sind, so dürften wir zumindest nicht mehr davon sprechen, dass unsere öffentlichen Universitäten und Forschungseinrichtungen frei sind. Fakt ist, dass Misstrauen angebracht ist, wo Geheimnisse herrschen – vor allem dann, wenn es die Forschung betrifft. Wer für eine gute Sache forscht oder forschen lässt, der hat keine Skrupel davor, dass es die Öffentlichkeit erfährt.
Aus ‚Schutz‘ vor Forschung und Lehre existiert keine Rechtspflicht solche Verträge zu veröffentlichen. Doch spätestens nach der Veröffentlichung des Vertrags zwischen dem Pharmakonzern Boehringer Ingelheim und der Universität Mainz sollte klar sein, dass rechtliche Schritte zum Schutze der freien und unabhängigen Forschung angebracht sind.
Von Regina Singer
Gekaufte Forschung | Monitor | Das Erste | WDR
Was macht Drittmittel so problematisch?
Wer Geld annimmt und einen für die Öffentlichkeit geheimen Vertrag unterschreibt, der gibt seine Macht ab. Drittmittelgeber können Veröffentlichungen und Forschungsergebnisse direkt beeinflussen, wenn sie das vertraglich vorschreiben. Auch können sie indirekt wirken, da finanzielle Abhängigkeit die Forschung selbst verändern kann. Zusätzlich kann der Geldgeber verlangen, in seinem Interesse zu forschen, wodurch er gleichzeitig bestimmt und festlegt, welchen Wichtigkeitsgrad welche Forschung hat.
Freie Forschung sieht anders aus. Und doch lässt sich stark vermuten, dass kaum eine deutsche staatliche Universität frei ist.
Großkonzerne kaufen sich ein
Die Boehringer Ingelheim Stiftung finanziert ein Institut für Molekulare Biologie an Mainzer Uni mit 100 Millionen Euro und hat hierzu einen Vertrag mit der Uni abgeschlossen, der lange geheim bleiben sollte. Erst durch eine Klage des SWR-Chefreporters Thomas Leif, kam der Vertrag ans Licht. Leif berief sich auf das damals geltende Informationsfreiheitsgesetz (heute: Landestransparenzgesetz), gab als Grund die Blockade seiner Recherche an und gewann kürzlich den Prozess.
Seitdem ist veröffentlich worden, dass sich die Uni Mainz mit dem Vertrag der Boehringer Ingelheim (BI) Stiftung unter anderem dazu verpflichtet hat, nur dann von ihrem Weisungsrecht Gebrauch zu machen, wenn es die Stiftung erlaubt. Des Weiteren bedürften Presseerklärungen, Veröffentlichungen oder Mitteilungen der vorherigen Ab- und Zustimmung – unter anderem mit der BI-Stiftung. Ohne den Reporter wäre dieser Vertrag niemals ans Licht gekommen und damit niemals in den Mittelpunkt der Kritik gerückt worden.
Welche Studierenden wissen schließlich, welche Professoren ihrer Universität, zum Beispiel, von Pharmaunternehmen bezahlt werden? In den letzten Jahren waren es nachweislich 33 Stellen – finanziert unter anderem von Fresenius, Bayer HealthCare und der Boehringer Ingelheim Stiftung.
Auch von internationaler Seite wurden und werden öffentliche Hochschulen in Deutschland gekauft, bzw. – selbstverständlich – uneigennützig ‚unterstützt‘. So bezahlte beispielsweise das amerikanische Verteidigungsministerium zwei Doktorandenstellen der Bremer Universität. Insgesamt erhielten jedoch mindestens 23 öffentliche Forschungseinrichtungen Gelder vom Pentagon.
Zum Teil haben staatliche Universitäten, wie die Universität in Dresden, über tausend Verträge mit Konzernen. Diese sind allerdings ebenfalls geheim. Lediglich drei von 84 staatlichen Hochschulen verbergen ihre Verträge nicht.
Geheime Verträge
Warum sind diese Verträge nicht öffentlich einsehbar, wenn nichts ‚Falsches‘ an ihnen dran ist? Warum wehren sich Konzerne und Stiftungen so vehement, Verträge zu veröffentlichen, wenn sie mit ihren Kooperationen das Allgemeinwohl im Sinn und keine eigenen Interessen, verfolgen? Wenn die Inhalte von Lehr- und Forschungseinrichtungen weiterhin äußeren Einflüssen von Rüstungs- und Pharmakonzernen sowie der Atomlobby ausgesetzt sind, so dürften wir zumindest nicht mehr davon sprechen, dass unsere öffentlichen Universitäten und Forschungseinrichtungen frei sind. Fakt ist, dass Misstrauen angebracht ist, wo Geheimnisse herrschen – vor allem dann, wenn es die Forschung betrifft. Wer für eine gute Sache forscht oder forschen lässt, der hat keine Skrupel davor, dass es die Öffentlichkeit erfährt.
Aus ‚Schutz‘ vor Forschung und Lehre existiert keine Rechtspflicht solche Verträge zu veröffentlichen. Doch spätestens nach der Veröffentlichung des Vertrags zwischen dem Pharmakonzern Boehringer Ingelheim und der Universität Mainz sollte klar sein, dass rechtliche Schritte zum Schutze der freien und unabhängigen Forschung angebracht sind.
Von Regina Singer
Gekaufte Forschung | Monitor | Das Erste | WDR
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